Vor mir liegt die nun endlich erschienene Ausgabe von Emily Wildes Enzyklopädie über Feen. Denn die Cambridge Professorin ist nicht nur eine geniale Gelehrte, sondern auch Feen-Expertin. In ihrem Forschungstagebuch hält sie für uns alle wichtigen Infos über die Wesen fest.
Bild folgt bald....
August 2025
Emily Wildes Enzyklopädie der Feen
Ein Roman von Heather Fawcett
Aus dem Amerikanischen von Eva Kemper
Fischer Tor 2023
Zugegebenermassen, der Name der eigentlichen Autorin – Heather Fawcett – rückt etwas in den Hintergrund. Sie lässt es nämlich erscheinen, als hätten wir nicht ihren Roman in der Hand, sondern wahrhaftig das Forschungstagebuch von der Feenexpertin und Cambridge Professorin Emily Wilde. Denn nichts anderes ist dieses Buch – ein Forschungstagebuch. Emily Wilde verschlägt es für ihre Forschung in das verschneite Dorf Hrafnsvik. An den Bewohner*innen hat die etwas nerdige und ehrgeizige Forscherin allerdings wenig Interesse, denn ihre Neugier gilt den dort ansässigen Feen, die noch nie zuvor untersucht worden sind.
In Hrafsvik trifft sich zwar nach und nach auch auf Feen, dann allerdings auch auf ihren Rivalen Wendell Bumbleby, der ebenfalls über die Feen forscht. In Ihrem Forschungstagebuch hält Emily nun allerlei Beobachtungen fest – und nicht nur diejenigen über die Feen, sondern auch über ihren Rivalen und irgendwann kommt ihr so ein Verdacht auf...
Und plötzlich befindet sie sich in einem wilden Abenteuer verstrickt, das nicht nur ihr Herz betrifft.
Als angehende Wissenschaftlerin muss ich sagen, dass ich die Idee an sich schon mal sehr gut finde! Als jemand, der selbst auch hier und da ethnografische Forschungstagebücher geschrieben hat, konnte ich mich sofort in Emily wiederfinden. Wer jetzt aber befürchtet, dass es total wissenschaftlich wird – das wird es nicht. Zumindest nicht durchgehend. Anfangs arbeitet Fawcett sogar mit Fussnoten, was das Wissenschaftliche nochmals hervorhebt, dies ebbt aber relativ schnell ab und dann geht auch die wissenschaftliche Art verloren und es wird mehr zu einem Tagebuch in eigentlichen Sinne, wobei man auch schnell vergessen kann, dass es sich dabei um ein Tagebuch handelt und nicht einfach nur um eine linear erzählte Geschichte.
Der Stil ist ebenfalls alles andere als strikt wissenschaftlich, gerade nach den ersten paar eher wissenschaftlichen Seiten, verfällt er in eine mitreissende Art, die zwischendurch allerdings etwas abflacht, sodass sich die Geschichte stellenweise auch etwas zieht. Zum Schluss hingegen, wenn die Geschichte wieder an Fahrt aufnimmt, ist nichts mehr von der Langatmigkeit zu spüren.
Emily ist als Charakter etwas eigen und etwa so wie man sich eine stereotypische Professorin vorstellen könnte (zum Glück gibts in der Realität auch sehr viele andere Beispiele!). Sie lebt zurückgezogen, schätzt die Begegnungen und Gesellschaft von Feen und ihrem Hund Shadow mehr als von anderen Menschen. Das genaue Gegenteil ist Wendell: Wo er hinkommt, er wird geliebt und er kann gut mit Menschen. Und bahnt sich da etwa eine Liebesgeschichte an? Sicher nicht! Emily mag ja schliesslich keine anderen Menschen! (oder?) Oder liegt es etwa an Wendell?
Persönlich muss ich sagen, dass ich mich gefreut hätte, wenn der wissenschaftliche Stil (sogar mit Fussnoten!) noch weiter vertreten wäre als nur gerade am Anfang – aber aus Gründen der Lesefreundlichkeit verstehe ich auch, dass nicht alle solche Nerds sind wie ich, die das gerne gehabt hätten!
Die Geschichte an sich war trotz der gelegentlichen Längen ebenfalls mitreissend, sodass ich nun gespannt bin, was die nächsten Bände so zu bieten haben.